
Resilienzfaktoren stärken:
wie du mehr Balance bei Gefühlen und Impulsen erlernst
Deine Resilienz fördern durch mehr Balance bei Gefühlen und Impulsen.
Weshalb ist das so wichtig, und wie geht das? Ein Beispiel zum Einstieg.
Eigentlich wäre das doch ganz einfach gewesen: Du stellst deine Idee deiner Chefin und deinen Kollegen im Teammeeting vor, erntest ein dickes Lob und spielst in der neuen Struktur die wichtige Rolle, die dir zusteht. Doch du scheiterst schon vorher: Als du die Chefin kurz am Telefon darüber informierst, dass du eine gute Idee für den neuen Arbeitsprozess hast, wiegelt sie dich direkt ab. Das wäre „schon alles entschieden“, ohne dir überhaupt bis zum Ende zuzuhören. Immerhin war das Gespräch so kurz, dass du deine erste Verblüffung noch gar nicht überwunden und was Dummes gesagt hast. Aber der Ärger und die Enttäuschung kamen danach, mit Wucht. Und deine Kollegin, deine Lieblingskollegin, wie du sie immer nennst, kommt gerade herein und will dich etwas fragen. „NEIN“ brüllst du ihr entgegen. Zumindest muss es für sie ein Gebrüll gewesen sein, denn sie verschwindet sofort wieder. Und redet den restlichen Tag nicht mehr mit dir. Dafür dein schlechtes Gewissen umso mehr…
Kommt dir so etwas bekannt vor? Manchmal überkommt es uns einfach und wir lassen unseren Gefühlen freien Lauf, machen etwas, das uns später (manchmal direkt danach) leid tut. Aber dann ist das Kind schon in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen.
Andere bleiben in solchen Situationen ganz cool – wie machen die das nur? Gefühlsstabilität und Impulskontrolle sind dabei wichtige Fähigkeiten, die sehr resiliente Menschen zumeist sehr gut beherrschen.
Die gute Nachricht: Wir alle können noch besser darin werden, unsere Gefühle zuzulassen und unseren Handlungsimpulsen nicht einfach freien Raum zu lassen. Wie das gehen kann, zeige ich hier.
Die Gefühle sind unseren Gedanken meist voraus
Manche sehen Gefühle als etwas Altes an, das wir in der Entwicklungsgeschichte des Menschen einfach nur früher hatten, und das nun, durch die Kraft unserer Gedanken, überwunden ist. Das basiert in Teilen auf unserer westlichen Denkweise, die durch Descartes‘ „cogito ergo sum“ (Ich denke, also bin ich.) in den letzten Jahrhunderten geprägt wurde.
Die Neurowissenschaften zeigen uns aber, dass Gefühle (auch Emotionen genannt) vor-bewusst immer da sind. Als schnelles Denksystem sind sie sogar ein wichtiger Bestandteil und machen uns überlebensfähig. Also auch resilient.
Die Herausforderung: Weil vor-bewusst sind sie vor unseren Gedanken da. Und damit sind Situationen, die unser „Denkapparat“ (wie der sog. präfrontale Cortext, der im Hirn überwiegend für die bewussten Entscheidungsfindungen zuständig ist) als nicht gefährlich einstuft, manchmal in unseren Gefühlen überwältigend, bedrohlich,… – wie lösen wir diesen Widerspruch auf?
Wie sich Gefühle und Impulse besser wahrnehmen und „gut aushalten“ lassen
Der Widerspruch lässt sich nicht ganz auflösen. Denn unsere neuronale Struktur hat sich aus guten Gründen so entwickelt. Aber wir können lernen, anders mit Gefühlen umzugehen und Impulse zu kontrollieren.
Ganz am Anfang steht … das bewusste Wahrnehmen. Hier kommt Achtsamkeit in’s Spiel. Das bedeutet zuerst einmal, die Gefühle wahrzunehmen, zu benennen und als Gefühle zu akzeptieren. Hier helfen Techniken der sog. Akzeptanz und Commitment-Therapie (ACT, s. auch eine Übung dazu).
- Eine gute Basis dafür schaffst du dir durch Achtsamkeitsmeditation:
Damit kannst du deine Fähigkeit erweitern, Gefühle zuzulassen, ohne sofort in’s Handeln kommen zu müssen. Denn du bist stärker „im Moment“ präsent und nicht mehr im Automatikmodus. - Dann geht’s an den Aufbau von alternativen Bewertungen:
Wenn du dir deine typischen Gefühle in Situationen ansiehst, kannst du Muster entdecken. Wo kommen die her? Hier kommen deine Bewertungen in’s Spiel. Bereits in deiner Kindheit hast du verschiedene „Leitsätze“ gelernt, die dich prägen. Diese auch Antreiber genannten Leitsätze führen, vor allem bei Verletzen der Regel durch Dritte, zu für dich typischen Reaktionen. Hier kannst du Alternativen entwickeln, wie andere Leitsätze, bewusste Ausnahmen (keine Generalisierungen) oder Relativierungen. Damit kann du die Bewertungen und die damit ausgelösten Gefühle besser anpassen. - Bleiben noch die Impulse, die uns zu unüberlegtem Verhalten verleiten.
Auch hier können uns einfache Techniken helfen. Eine davon ist die STOP-Technik. Das ist anfangs ein laut ausgesprochenes STOP, das uns erst einmal aus dem Automatikmodus rausholt: Stoppen – Tief einatmen („take a breath) – Beobachten („observe“) – Weitermachen („proceed“). Das bringt uns Zeit zum Überlegen.
Diese Techniken sind in sich nicht schwierig oder kompliziert. Am besten lernen sie sich aber in Trainings (einige davon sind Bestandteile z.B. von „Gelassen und sicher im Stress“) oder in individuellen Gesundheitscoachings.
Übung: Die Welt anders bewerten lernen
Wie wir die Welt sehen, bestimmt, wie wir sie auf uns wirken lassen. Ein wesentlicher Bestandteil unserer Sichtweisen sind unsere gelernten Leitsätze (oder: Antreiber, Glaubenssätze), die uns Orientierung über „Richtig und Falsch“ oder „Un-/Angemessen“ geben. Manchmal sind diese Leitsätze für uns auch wie innere Stimmen, die uns im Moment zuflüstern, wie wir etwas sehen sollen.
In dieser Übung geht es – in zwei verschiedenen Teilen – darum, deine Resilienz zu fördern durch mehr Balance bei Gefühlen und Impulsen Dazu baust du dir mehr Bewertungsmöglichkeiten auf. Das ist gar nicht so einfach, daher auch zwei Teilübungen, die du nacheinander, mit etwas zeitlichem Abstand, machen solltest.
Teilschritt 1: die eigenen Leitsätze erkennen
Worum geht’s hier? Wer neue Gedanken zu den Dingen finden will, braucht ein Gefühl dafür, wie die bisherigen aussehen. Die Übung hilft dir, deine bestehenden Leitsätze besser kennenzulernen und dir neue Leitsätze zu überlegen.
Wie geht es? Beobachtung der eigenen Gedanken mit Journalling
- Beobachte dies selbst über einige Tage (bis zu zwei Wochen) hinweg und führe eine Art Tagebuch mit folgendem Schwerpunkt:
- Wann hat dich eine Situation „getriggert“, also zu einer automatischen Bewertung und Reaktion geführt, die dir Stress ausgelöst hat?
- Welche Gedanken sind dir dabei gekommen? Gibt es dabei solche, die dir bekannt vorkommen, die du so häufiger denkst, von deren „Richtigkeit“ du überzeugt bist?
- Welche Gefühle und Reaktionen haben diese ausgelöst?
Wie hilfreich waren deine Reaktionen, um die Situation zu deinen Gunsten zu lösen / verändern?
- Jetzt gehe hin und schreibe dir aus deinen Aufzeichnungen heraus deine individuellen Leitsätze raus. Beispiele für solche Leitsätze oder auch Antreiber findet du auch in diesem Blog-Artikel.
- Wenn du willst, kannst du für dich jetzt auch mal etwas Statistik betreiben: Wie oft waren deine Leitsätze wirklich, wirklich, WIRKLICH hilfreich? (Hinterfrage dich dabei auch WIRKLICH mehrfach! Du wirst erstaunt sein, was alleine das schon verändern kann…)
- Was bringt das? Jetzt hast du eine gute Basis, um alternative Gedanken mit anderen, hilfreichen Bewertungen zu entwickeln.
Teilschritt 2: Ausgleich schaffen durch neue ergänzende Leitsätze
Worum geht’s hier? Du entwickelst Alternativen zu deinen bestehenden Leitsätzen auf Basis eines einfachen Schemas, dem Werte- und Entwicklungsquadrat nach Schulz von Thun. Damit löst du dich etwas von den bestehenden Leitsätzen und schaffst dir eine Wahlmöglichkeit.
- Ein Leitsatz ist ja gleichzeitig auch ein Wert – ein „Sei beliebt!“ steht für den Wert „soziale Akzeptanz“. Jeder Wert verfolgt meist eine gute Absicht. Gleichzeitig gibt es einen Gegenwert dazu, die „andere Seite“ oder Schwesterwert. Wenn beide in Balance sind, du das „sowohl als auch“ annimmst und nutzt, bleibst du flexibel.
Ein Beispiel: Gewissenhaftigkeit hilft dabei, Aufgaben gründlich zu erledigen. Damit werden diese meist auch besser gelöst, v.a. bei wiederkehrenden Aufgaben kommt es zu gleichen Ergebnissen. Und manchmal macht es auch Sinn, „fünfe gerade sein zu lassen“, also etwas gelassener zu sein. Wer den Unterschied wahrnimmt, kann je nach Situation angemessen handeln. - Was aber, wenn einer der Werte stärker ist, nicht nur als sein Schwesterwert? Dann kommt es manchmal zu einer Übertreibung: Aus Gewissenhaftigkeit wird ein Perfektionismus, der keine Abweichungen zu lässt. Und alle Energie verbraucht, wo ein „80% genau“ auch genügt hätte. Aus Gelassenheit wird Gleichgültigkeit…
- Wenn du das für dich erkennst, kannst du daran arbeiten, ein Gegengewicht zu deinen Übertreibungen aufzubauen. Das nimmt dir Druck.

Wie geht es? Arbeite hier zum Start mit einem Leitsatz, der dich heute schon stört, weil „irgendwie zu stark“ (Das kannst du auch durch eine Rückmeldung aus deinem Umfeld erfahren.) Dann ist deine Motivation stärker.
- Was ist das Gute, das mir mein Wert bietet? Denke an die Antreiber und ihre Rolle.
- Wie sieht das aus, wenn der Wert zu stark ist und in deinen Augen Stress auslöst? Benenne den Wert und notiere auch, wie sich das Übertriebene zeigt (Verhalten, Gefühle, sichtbare Ergebnisse).
- Wie sieht denn der Schwesterwert aus? Benenne und beschreibe auch dies.
- Und natürlich auch dessen Übertreibung.
- Jetzt suche dir eine für dich passende Entwicklungsrichtung aus. Nicht von einer Übertreibung in die nächste natürlich, sondern hin zu mehr Ausgewogenheit: Von dem einen etwas weniger, von dem einen dafür vielleicht positiv mehr.
- Woran erkennst du bei dir, dass du den Schwesterwert stärker lebst oder die Übertreibungen reduzierst (kleiner Tipp: „etwas mehr“ ist leichter als „etwas weniger“)? Beschreibe dir auch das, am besten in konkreten Handlungen in Situationen, die du regelmäßig erlebst.
Wie sehen deine nächsten Schritte aus? Beobachten und verändern, Schritt für Schritt
- Du hast dir einen Handlungsplan erstellt mit konkretem neuen Verhalten – probiere das einfach mal aus.
- Führe weiter Tagebuch dazu, jetzt mit folgenden Fragen:
- Wie habe ich mich in den Situationen mit meinen neuen Verhaltensweisen gefühlt?
- Welche Gedanken kamen mir dabei? Wie „laut“ waren dabei die Stimmen meiner verschiedenen Werte?
- Welche Reaktionen auf mein verändertes Verhalten habe ich erlebt? Welche gefielen mir?
Zugegeben, diese Übung ist nicht ganz einfach: Sich mit den eigenen Werten auseinander zu setzen, erfordert Mut und Kraft. Und manchmal ist es leichter, wenn du dabei einen Sparringspartner hast, der dir Rückmeldung gibt und Unterstützung. Auch ohne kannst du es versuchen und dir damit schon eine erste spürbare Erleichterung bringen. Deine Resilienz fördern durch mehr Balance bei Gefühlen und Impulsen bedeutet, sich mit den eigenen Werten auseinander zu setzen und dabei gezielt nach neuen Wegen zu suchen.
Noch tiefer mit dir zu arbeiten, dazu gibt es natürlich verschiedene Techniken, die wir z.B. in einem individuellen Gesundheitscoaching gemeinsam durchführen können. Das Werte- und Entwicklungsquadrat ist auch ein Bestandteil des Stressmanagementtrainings.
Du willst mehr für dich machen?
Lerne mich kennen, Deinen Gesundheitscoach mit Herz & System.
Buche hier dein Vorgespräch zum Coaching:
Loading….
Views: 4